Das Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 17.12.2015 ein Anspruch auf Berücksichtigung von vor dem 17. Lebensjahr verbrachter Ausbildungszeit als ruhegehaltfähige Dienstzeit nach dem Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) bejaht. Betroffen war die Zeit als Fernmeldelehrling in einem Ausbildungsverhältnis bei der damaligen Deutschen Bundespost. Der Leitsatz hierzu lautet: Die nach § 85 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG geltender Fassung i.V.m. § 12 Abs. 1 BeamtVG in der am 31.12.1991 geltenden Fassung (a.F.) dem Grunde nach ruhegehaltfähigen Zeiten einer Ausbildung sind nicht nur ruhegehaltfähig, soweit der Beamte sie ab, sondern auch soweit er sie vor Vollendung seines 17. Lebensjahres durchlaufen hat. Die im nationalen Recht enthaltene Beschränkung auf Zeiten ab der Vollendung des 17. Lebensjahres ist unionsrechtswidrig und deshalb nicht anzuwenden.
Die Entscheidung des Gerichts hat, wie die nachfolgenden Rechtsstreitigkeiten zeigen, nicht zur Änderung in der Praxis geführt.
Betroffen von der Entscheidung sind grundsätzlich Beamten die vor Januar 2017 in den Ruhestand getreten sind und Ausbildungszeiten für eine vorgeschriebenen Ausbildung vor Vollendung des 17. Lebensjahres zurückgelegt haben.
Betroffene können daher ein Antrag auf eine Neubewertung ihrer Ausbildungszeiten unter Hinweis auf die ergangene Rechtsprechung vornehmen lassen.
Das OVG Lüneburg hat mit Urteil vom 14. Juli 2020 – 5 LC 133/18 – ebenfalls für den Betroffenen entschieden.
Dem schließt sich auch das OVG NRW mit der Entscheidung vom 26. November 2021 – 1 A 4790/18 – an. Hierzu heißt es: § 12 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG in der bis zum 10. Januar 2017 gültigen Fassung ist hinsichtlich der Bestimmung unanwendbar, dass nur Ausbildungszeiten nach Vollendung des 17. Lebensjahres als ruhegehaltfähige Dienstzeiten berücksichtigt werden können. Diese Einschränkung verstößt gegen das unionsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung aus der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000.
Ebenso entschied auch zuvor das OVG des Saarlandes mit Urteil vom 17. April 2020 – 1 A 135/18 –. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 01. März 2021 – 2 B 55/20 – die hiergegen erhobene Beschwerde der Behörde zurückgewiesen.
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