Kein Entgelt für PiA?

Dürfen Krankenhäuser bald Psychotherapeuten in Ausbildung (PiA) nur noch gegen Entgelt beschäftigen?

Die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Psychologische Psychotherapeuten sehen eine praktische Tätigkeit von mindestens 1.800 Stunden vor, von denen mindestens 1.200 Stunden an einer psychiatrischen klinischen Einrichtung zu erbringen ist, sogenanntes Klinikjahr.

Ob die Teilnehmer hierfür ein Entgelt beanspruchen können, ist gesetzlich nicht geregelt.

Auf die Ausbildung nach dem Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten findet das Berufsbildungsgesetz keine Anwendung. Ein Vergütungsanspruch nach §§ 17, 26 BBiG kommt daher nicht in Betracht. Die Richter am LAG Hamm vom 29.11.2012 – 11 Sa 74/12 – sprachen einer Klägerin dennoch einen Anspruch auf die übliche Vergütung zu. Die Vereinbarung über ein unentgeltliches Tätigwerden sah das Gericht als sittenwidrig und rechtsunwirksam an, weil die Klägerin im praktischen Klinikjahr in erheblichem Umfang eigenständige und für das beklagte Klinikum wirtschaftlich verwertbare Leistungen erbracht hat, für die das Klinikum ansonsten bezahlte Arbeitskraft eines Psychotherapeuten oder Psychologen hätte einsetzen müssen. Rechtsfolge war, dass das beklagte Klinikum gemäß § 612 BGB die eingeklagten 12.000,00 € als übliche Vergütung schuldete. Auch das ArbG Hamburg urteilte zuvor, dass eine Diplom-Psychologin, die ihre Leistungen während der praktischen Ausbildung zur psychologischen Psychotherapeutin überwiegend eigenständig erbringt, nicht Praktikantin, sondern Arbeitnehmerin sei mit der Folge einer Eingruppierung in den TV-Ärzte/KAH, vgl. Urteil vom 16. Oktober 2012 – 21 Ca 43/12 –. Die Klage vor dem ArbG Köln am 18.09.2014 – 11 Ca 10331/13 – wurde dagegen abgewiesen, wobei in diesen Fall gerade der Umfang der Leistungen zwischen den Parteien streitig war. Für die vom Kläger im Wesentlichen vorgetragenen Behauptungen, dass er wie ein in Vollzeit tätiger Psychologischer Psychotherapeut in der Klinik der Beklagten tätig war und diese Tätigkeit nicht überwiegend seinen Ausbildungszwecken diente, ist er beweisfällig geblieben. Ein wesentliches Indiz dafür, dass die Tätigkeit des Klägers im wesentlichen Ausbildungszwecken diente sei, dass er hierbei Supervision im Rahmen von 2 Stunden die Woche erhalten habe. Beachtliches Gewicht kam auch der Tatsache zu, dass der Kläger unstreitig keine Fallverantwortung für die von ihm betreuten Patienten übernommen hat. Nach Ansicht der Richter fehlte es zudem an dem für die Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB erforderlichen subjektiven Element. Auf das Vorliegen dieser Voraussetzungen konnte nicht ausnahmsweise verzichtet werden, weil die fehlende gesetzliche Regelung für die Vergütung von Psychotherapeut in Ausbildung gerade dafür spreche, dass es sich hierbei um einen Umstand handele, der von der Rechtsordnung sehr wohl zugelassen wird.

Die Abgrenzung zwischen einem Praktikantenverhältnis und einem Arbeitsverhältnis richtet sich danach, ob der Ausbildungszweck im Vordergrund steht.

Neben der arbeitsrechtlichen Statusfrage stellen sich die Fragen nach der Sozialversicherungspflichtigkeit der Tätigkeit und der Beitragshöhe. Ein sozialrechtliches Beschäftigungsverhältnis ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Die Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis löst daher stets Versicherungspflicht aus. Die Klärung der Frage ob eine Beschäftigung vorliegt, kann schriftlich bei der Deutschen Rentenversicherung Bund beantragt werden. Diese entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist. Die Beitragspflicht richtet sich nach dem geltenden Tarifvertrag in seltenen Fällen wohl nach dem Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns. Die unentgeltliche Beschäftigung im Rahmen der Ausbildung der Psychologischen Psychotherapeuten löst, entsprechend der Stellungnahme der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenversicherung vom 11.04.2002, keine Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aus. Nach dem Urteil des Hessisches Landessozialgerichts vom 27.05.2010 – L 8 KR 37/09 – löste dagegen die Beschäftigung im Rahmen einer Ausbildung zur pharmazeutisch-technischen Assistentin gegen Entgelt eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V aus. Dies gelte auch für die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Pflegeversicherung, Rentenversicherung und nach den Regeln der Arbeitslosenversicherung. Zweifel an der rechtmäßigen Berechnung der nachzuentrichtenden Beiträge ergeben sich nicht und wurden auch nicht geltend gemacht.

Entsprechend der Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG) sind Rechtsverhältnisse im Sinne des § 26 Berufsbildungsgesetz, die auf eine praktische Ausbildung abzielen, welche mit der Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes vergleichbar ist, weder Arbeitsverhältnisse noch Praktikumsverhältnisse.

Damit dürften, nach diesseitiger Auffassung, die PiA`s im Rahmen der unentgeltlichen Ausbildung, wie auch etwa die Volontariate, nicht unter den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen und zumindest hieraus keinen Anspruch auf Zahlung des Mindestlohns beanspruchen.

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